Unterwegs auf der Grabentour

Ein lohnendes Ziel für einen kleinen Wanderausflug ist die Grabentour zwischen Krummenhennersdorf und Reinsberg. Auf der 3,6 Kilometer langen Strecke kann man nicht nur die Natur des Bobritzschtals genießen, sondern gleichzeitig auf den Spuren unserer Bergbautradition wandeln. Um die Wasserkraft für den Antrieb der Bergbaumaschinen nutzbar zu machen, wurde in der Nähe der Krummenhennersdorfer Mühle (Wünschmannmühle) das Wasser der Bobritzsch abgezweigt und in offenen Gräben und Felstunneln zum Reinsberger Lichtloch geführt. Hierbei verläuft mit 1,9 km der größere Teil der Anlage unterirdisch durch Röschen. Die Wasserführung diente der Errichtung des Rothschönberger Stollns zwischen 1844 und 1877, konkret dem Antrieb der hierzu notwendigen Anlagen am V. und IV. Lichtloch. Die besondere Leistung beim Bau dieser Anlage lag in der Realisierung eines möglichst geringen Gefälles des Grabens, wodurch auf der Strecke ein maximaler Niveauunterschied zur Bobritzsch erzielt werden konnte.

Kurz hinter der Wünschmannmühle in Krummenhennersdorf wurde der Graben zur Rechten vom Fluss abgezweigt. Hier beginnt auch der Wanderweg, der nach wenigen Metern an einer Felswand mit interessanten historischen Hochwassermarken vorbeiführt. Bald darauf verschwindet der Graben in der Felsenbachrösche. Der Weg führt nun in den Wald hinein und nach einer kleinen Kuppe wiederum am Ufer der Bobritzsch entlang. Hinter der Flussschleife tritt der Graben wieder aus der Felsenbachrösche zu Tage. Die Stelle lädt mit einer Bank zur kurzen Rast ein.

Der Weg folgt nun wieder dem offenen Graben, während die Bobritzsch etwas westlicher fließt. Hier wird schon der erzielte Höhenunterschied zwischen Flusslauf und Kunstgraben sichtbar. Wer nach ca. 500 Metern links abbiegt und einem kleinen Trampelpfad flussabwärts folgt, kann am Ufer der Bobritzsch mit der Zitzenfichte ein besonderes Naturdenkmal bestaunen. Nun befinden wir uns faktisch in der Nähe der Porzellanrösche, da wir im Landschaftsschutzgebiet aber nicht quer den Hang zum Weg hochklettern, kehren wir auf dem Pfad zurück zum Wanderweg. Dieser folgt dem Graben in einer langgezogenen Rechtsbiegung bis zu einem massiven Felsblock, an welchem die Porzellanrösche ihren Anfang findet. Diese hat ihren Namen von der oberhalb befindlichen Höhle, aus der kurzzeitig Material abgebaut wurde, dass in der Porzellanherstellung Verwendung fand.

Während der Graben im Fels verschwindet, führt der Wanderweg auf der Felsenbrücke an diesem vorbei. Keine 200 Meter flussabwärts kommt auch der Kunstgraben wieder ans Licht. In einer ausladenden S-Kurve geht es weiter zum V. Lichtloch. Hier wurde das Wasser des Kunstgrabens erstmals bei der Errichtung des Rothschönberger Stollens eingesetzt. Von den bergbaulichen Anlagen ist heute kaum noch etwas sichtbar. Markant bleibt die große Halde, auf der Material aus dem Förderschacht abgelagert wurde. Vom Treibehaus und der Bergschmiede sind nur noch Fundamente übrig. Der Kunstgraben selbst wird in dem Bereich durch eine relativ kurze Rösche geführt, deren Mundlöcher beidseits zugemauert wurden.

Hinter dem V. Lichtloch (gezählt wird von Rothschönberg aufwärts) wurde das Wasser über einen längeren offenen Abschnitt weitergeführt. Auch hier folgt der Weg wieder dem Verlauf des Grabens. Der für diesen Bereich viele Jahrzehnte prägende Fichtenhochwald ist leider Opfer der Borkenkäferplage geworden. Durch die notwendigen Forstarbeiten hat der Abschnitt des Wanderwegs leider seinen alten Reiz eingebüßt. Ein paar hundert Meter weiter – hier dominieren wieder Buchen das Waldbild – erwartet die Wanderer ein historischer Rastpunkt. Die Beiers Ruhe ist ein Felsblock zwischen Graben und Weg. Naheliegend ist, dass es sich um die Reste der Felsnase handelt, die dem Grabenbau an dieser Stelle weichen musste. Allenfalls wurde auch eine Sitzfläche ins Gestein geschlagen.

Weiter führt der Weg zum Tausendtalersprung. Während der Wanderweg hier seinen steilsten Anstieg findet, kürzt der Graben natürlich unterirdisch ab. Das Mundloch der Buchenbornrösche liegt etwas versteckt wenige Meter jenseits des Weges. Der Felsvorsprung verdankt seinen Namen einer Legende, die besagt, dass an dieser Stelle einem Bergmann eine Schubkarre mit tausend Talerstücken entglitten sei. Warum man damals Silbermünzen in Karren durch den Wald geschoben hat, ist leider nicht überliefert. Das Relikt einer tatsächlichen Begebenheit findet man hingegen, wenn man dem an der Schutzhütte abzweigenden Weg etwas hangaufwärts folgt. Der Kroatenstein erinnert an eines der unzähligen Opfer des Dreißigjährigen Krieges: Lorenz von Schönberg, Schlossherr von Reinsberg, wurde hier 1632 auf der Flucht vor den österreichischen Truppen durch einen kroatischen Soldaten tödlich verwundet.

Auf Höhe der heutigen Schutzhütte tritt der Graben wieder aus der Buchenbornrösche hervor. Durch den Wald schlängeln sich Weg und Graben in Richtung der Reinsberger Rösche. Mit einem knappen Kilometer bildet diese den längsten unterirdischen Verlauf der Wasserführung und endet direkt am IV. Lichtloch. Hier bieten sich nun verschiedene Möglichkeiten, wie ein Abstecher zum Reinsberger Schloss oder der Weg zurück am Waldrand über die historische Kastanienallee. Wir folgen aber dem (nun nicht mehr sichtbaren) Verlauf der Wasserführung. Vorbei am Campingplatz und den Fundamenten des alten Pulverturms gelangen wir zum IV. Lichtloch in Reinsberg. Neben der imposanten Halde sind hier auch noch die Gebäude erhalten. Besonders sticht in dem historischen Komplex natürlich das Treibehaus hervor, in dessem Inneren ein knapp 12 Meter messendes Treibrad seinen Dienst tat. Nach 3,6 km fand hier der aufwändig errichtete Kunstgraben sein Ende. Nur 33 Jahre von praktischer Bedeutung, zeugt er noch heute von der Bau- und Ingenieurskunst unserer Vorfahren.

Christian Bartusch

Christian Bartusch lebt seit seiner Geburt in Nossen. In seiner Freizeit streift er mit Kamera durch unsere Heimat. Seit Dezember 2020 ist er Bürgermeister seiner Heimatstadt.